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Offener Wettbewerb | 09/2022

Erweiterungsbau für den Bereich Gesundheits- und Krankenpflege der FH Joanneum in Kapfenberg (AT)

Anerkennung

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Architektur

Erläuterungstext

A. Städtebauliche Aspekte
Direkt zwischen Eisenbahn und am mäandernden Fluss gelegen ermöglicht das Freiwerden des Areals die einzigartige Möglichkeit zur durchgreifenden Stadtreparatur.
Durch Abriss der beengenden nördlichen Anbauten (Turnsaal und Verbindungstrakt) wird die dahinterliegende Häuserzeile freigestellt. Die landschaftliche Verzahnung vom Fluss herauf lässt großzüge Freiräume entstehen.
Die Entwicklung des neuen Campus erschließt sich entlang einer Achse vom nach Osten abschließenden historischen Baukörper, einzelnen Pavillonartigen Gebäuden im Park und weiter ein bis zwei Stadtraumbildende Baukörper im Westen.

B. Architektonische Aspekte
Es ist der Freiraum, den StudentInnen brauchen, um sich entwickeln zu können.
Ausgehend von dieser Erkenntnis durchdringt eine einfache Intervention den Baukörper. Mit einem neuen straßenseitigen Eingang beginnend, wird eine neue Erschließungsachse durch den Altbau durchgesteckt. Der Glasquader ist ein Zeichen für die neue FH Joanneum, er ist wichtig für die öffentliche Wahrnehmung und bietet Raum für Kunstinstallationen.
Dahinter im Altbau entsteht ein zentraler, über drei Geschosse mit Lufträumen verbundene Orientierungsraum, vom dem aus die verschiedenen FH Bereiche erschlossen und übersichtlich miteinander verbunden werden.
Dem Bestand wird hierzu mit einem sauberen mittigen Schnitt unbrauchbares entfernt, Kreuzungspunkte werden zu Treffpunkten, Nischen werden zu Rückzugsorten.
Ein Pavillon mit drei Ebenen und vielen Nutzungen.
Der Neubau wird in Holzbauweise als Pavillon in den Park eingefügt. Der schwebende Kubus ist mit halbtransparenten, teilweise hochklappbaren, perforierten Metallplatten umkleidet. Die Materialität dieser Haut aus Edelstahl zeigt eine wichtige Verbindung zu den Stahlwerken.
Unter diesem Volumen wird der umgebende Park hindurchgeführt, es wirkt so als schützendes Dach für den großen Hörsaal mit seiner Aula. Diese Flächen können unterschiedlich genutzt werden. Aus zwei miteinander verbindbaren Hörsälen kann durch Öffnung der Wände und Verglasungen eine durchgehende Freiraumbühne für Sponsionen und Sommerfeste werden.
Die Verzahnung des Pavillons mit dem Grünraum des Flusses lässt ein Gefühl von „Unterricht im Baumhaus“ aufkommen. Das Absetzen der Körper vom Erdgeschoss wird allseitig nochmals durch die Verglasung der Hörsaal-Sockelzone betont.
In der Mittelgangerschließung des Obergeschosses werden die Südseitigen Projekträume nur punktuell über Stege erschlossen, eine direkte großzügige räumliche Verbindung zum Erdgeschoss entsteht.
Die Brückenverbindung des Obergeschosses zum Altbau ermöglicht die funktionelle Verknüpfung der Seminarräume mit dem Altbau und ermöglicht auch eine darüberliegende offene Erschließung der begrünten Dachterrasse vom Altbau aus.
Der Zubau bleibt zweigeschossig und entwickelt so mit dem dominanten Altbau ein spannendes Miteinander.

C. Funktionale Aspekte
Der straßenseitige Haupteingang erhält einen neuen zentralen Windfang. Von hier aus sind die öffentlichen Bereiche wie Bibliothek direkt angegliedert, über den Hofseitigen Eingang erreicht man gedeckt die großen Hörsäle.
Im 1.OG sind südseitig die Umkleiden zentral positioniert, von hier sind sämtliche Skillabs, Seminar- und Projekträume auf kurzem Wege erreichbar. Über die Brücke gelangt man in den Pavillonseminarbereich.
Der Verwaltungsbereich nimmt das gesamte 2.Obergeschoss ein und kann hier als abschließbare Einheit funktionieren. Die Raumgeometrien des Bestandes lassen im südlichen Bereich Büroraumreserven zu. Die vorhandene Erschließung über zwei Stiegenhäuser erlaubt auch die Einrichtung von zusätzlichen Seminarräumen.
Das Dachgeschoss dient für zukünftige Entwicklungen als vielversprechende Raumreserven. Auch ist für die horizontale haustechnische Verteilung hier im niederen Dachbereich effizient nutzbarer Raum zu finden.

D. Ökonomische, Ökologische Aspekte
Die Wirtschaftlichkeit der funktionalen Sanierung mit Erweiterung zeigt sich in den wenigen, aber gezielten Eingriffen in die Bausubstanz. Gleiche Raumfunktionen wie Skilllabs und Sanitärräume sind übereinandergelegt, um so möglichst einfach Schachtverbindungen herstellen zu können.
Für den Neubau ist die kompakte Ausformung des Gebäudevolumens und der kleine Fußabdruck Voraussetzung für ökologisch nachhaltiges Bauen. Nachhaltigkeit durch minimale Versiegelung und flexible Nutzungsmöglichkeiten werden durch das vorgeschlagene Projekt in hohem Maße erfüllt.
Den konstruktiven Prinzipien eines Holzbaus folgend werden die Trägerachsen entsprechend der Hörsaalgrössen eingesetzt. Die Oberflächen werden in Sichtholz gelassen und erfahrungsgemäß steigert sich auch der fürsorgliche Umgang der Benutzer durch diese hohe haptische Qualität.
Die Tageslichtnutzung samt passiver Solarenergie wird durch die Filterschicht der Lochfassade gesteuert.
Großflächige Erdspeicher dienen als natürliche Akkus zur winterlichen Wärmegewinnung und der sommerlichen Kühlung. Eine Regenwassersammlung unterstützt die ökologisch sinnvolle Brauchwasseranlage. Das neue Dach wird als Terrasse genutzt. Eine intensive Bepflanzung, der Dächer, wo möglich, dient zur Retention und Klimaverbesserung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die klare Struktur sowie die konsequente Trennung von alt und neu kennzeichnen das Projekt. Die Verbindungsbrücke zwischen Zubau und Bestand scheint nicht praktikabel zu sein. Der Eingangsbereich und das Foyer wird für eine FH-Nutzung zu klein gesehen und beinhaltet zu viele Gangflächen.

Die Begründung von drei verschiedenen Ebenen beim Verbindungsgang, davon zwei mit Gefälle, ist nicht klar erkennbar. Die erdgeschossige Verbindung ist nur im Freien möglich. Die Abstände zum Nachbargrundstück sind zu gering.

Parkplätze an der Südseite des Grundstückes an der Uferpromenade sind unglücklich gewählt. Die begrünte Dachterrasse (Dachgarten) erscheint zu groß und ist durch den großen Abstand zum FHGebäude nur eingeschränkt nutzbar.

Fassadengestaltung sowie Belüftung- und Beschattungstechnik erscheinen im Betrieb aufwendig. Die pavillonartige Struktur des Baukörpers und dessen Erweiterbarkeit und Einbindung in den Naturraum wird positiv gesehen.