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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2022

Sanierung und Erweiterung Schulanlage Steinacker in Winterthur (CH)

1. Rang / 1. Preis

Preisgeld: 47.000 CHF

Bischof Föhn Architekten ETH SIA

Architektur

parbat landschaftsarchitektur gmbh

Landschaftsarchitektur

B3 | Engineering und Management am Bau

Tragwerksplanung, Brandschutzplanung

JAEGER BAUMANAGEMENT AG

Bauunternehmen

Gruenberg + Partner AG

TGA-Fachplanung

Lemon Consult AG

Bauphysik

ErlÀuterungstext

Die Schulanlage Steinacker besitzt als Zeuge des industrialisierten Schulhausbaus der 1970er Jahren zeittypische QualitĂ€ten, die erhaltenswert sind. Die Anordnung der einzelnen Schultrakte, die VerbindungsdĂ€cher und der erhöhte Pausenplatz erzeugen eine kompakte Anlage in einem kindsgerechten Maßstab, gleichzeitig aber eine außen rĂ€umliche Enge, die durch einen Neubau nicht weiter verstĂ€rkt werden darf. Als Schulerweiterung ist daher eine eingeschossige Aufstockung auf der vergrĂ¶ĂŸerten Turnhalle geplant, ergĂ€nzt durch einen eingeschossigen, pavillonartigen Kindergarten am Rande des bestehenden Spielplatzes. So bleiben die für die Schulanlage wichtigen AussenrĂ€ume und BaumbestĂ€nde sowie der rĂ€umliche Bezug auf die angrenzenden Sportfelder und in die Weite erhalten. Gleichzeitig beschrĂ€nkt sich der Haupteingriff der baulichen Erweiterung auf die bestehende Turnhalle und deren Aufstockung, wĂ€hrend die restlichen Schultrakte im Innern erneuert und Aussen lediglich sanft instandgesetzt werden. Die Ausformulierung der neuen SekundarschulrĂ€ume ĂŒber der Turnhalle ermöglicht im Sinne eines attraktiven und zeitgemĂ€ĂŸen pĂ€dagogischen Konzepts vollstĂ€ndig möbelierbare Kombizonen vor den Klassenzimmern sowie eine flexibel nutzbare Lernlandschaft.

Beurteilung durch das Preisgericht

ErklĂ€rtes Ziel des Projekts ist der Verzicht auf einen grossmassstĂ€blichen ErgĂ€nzungsbau. Wie bei anderen BeitrĂ€gen wird deshalb eine Aufstockung auf die zur Dreifachhalle vergrösserte Turnhalle vorgeschlagen. Als zweite Massnahme wird in der nordöstlichen Ecke der Parzelle ein pavillonartiger, eingeschossiger Neubau vorgesehen, welcher als Kindergarten dient. Die anderen bestehenden GebĂ€ude bleiben – bis auf den Treppenhausanbau fĂŒr Aufzug und Hauswartsraum – Ă€usserlich unverĂ€ndert. 

Die Aufstockung der Turnhalle wird vom Erscheinungsbild her als einheitliches GebĂ€ude verstanden und ĂŒbernimmt die Rastereinteilung der bestehenden Turnhalle. Der Eingangsbereich des Erd- und Untergeschosses wird weitgehend umgebaut, zum einen fĂŒr die neuen TreppenhĂ€user zur Erschliessung der Aufstockung, zum anderen, um im Erdgeschoss neu die Aula und Bibliothek zu integrieren. Die Öffnung der Fassade in diesem Bereich und die damit verbundene Belebung der mittleren PausenplatzflĂ€che wird begrĂŒsst. Die Aufstockung wird als Holzbau mit neu interpretierter Kassettendecke und darĂŒberliegender PV-Anlage geplant. Der symmetrische Grundriss weist die peripher angeordneten Schul- und GruppenrĂ€ume und die um einen Innenhof angeordneten BetreuungsrĂ€ume aus. Der angenehm proportionierte und ausformulierte, als «Lesegarten» propagierte Hof wird als echter Mehrwert fĂŒr die Betreuung wahrgenommen. Die offen gestalteten FlĂ€chen zwischen den KlassenrĂ€umen sollen als Lernlandschaft benĂŒtzt werden können. Sogar die am Innenhof gelegenen BetreuungsrĂ€ume können in den betreuungsfreien Zeiten zu diesem Zweck genutzt werden, was eine optimale FlĂ€chenflexibilitĂ€t garantiert. 

Der als Holzelementbau geplante Kindergarten nutzt die vollumfĂ€nglich bestehend bleibende Armeeleitstelle als Fundament. Dadurch kann der Baumbestand grösstmöglich erhalten werden und es entsteht zwischen Neubau und Trakt A, die zusammen den Zyklus 1 bilden, ein gemeinsamer Aussenraum. Aufgrund der Lage in der Ecke des nördlichen Pausenplatzes fĂŒhrt der Zugang zum Kindergarten entweder ungĂŒnstig ĂŒber den Parkplatz oder vielleicht etwas umstĂ€ndlich ĂŒber das ganze Schulareal. Ein direkter und konfliktfreier Fussweg ab dem Sempacherweg wĂ€re wĂŒnschenswert. Auch die Position des Kindergartenpavillons unter den BĂ€umen erscheint noch etwas willkĂŒrlich und so stark an den Rand geschoben wie möglich. Die Position insgesamt, die Anbindung an die gesamte Schulanlage und das bestehende Vordach wie auch die gestalterische Ausformulierung des Pavillons sind deshalb noch einmal zu prĂŒfen. 

Der Hauptzugang zur Schulanlage mit dem neuen Veloabstellplatz vor Trakt A ergĂ€nzt das vorhandene ĂŒberdachte Angebot und bildet mit einer chaussierten PlatzflĂ€che und langer Sitzbank einen adĂ€quaten Auftakt. Die Anordnung der AllwetterplĂ€tze und die subtilen Interventionen (Spielinseln und Pfad) in der Umgebung ergĂ€nzen das Angebot mit Respekt vor dem Bestand. Trotz der Erhöhung der baulichen Dichte bleiben die freirĂ€umlichen QualitĂ€ten der Schulanlage erhalten. Die Innenraumnutzungen im Erdgeschoss des Turnhallentrakts vermögen die angrenzenden PausenflĂ€che zusĂ€tzlich zu beleben und nach innen zu erweitern. Die verdoppelte GebĂ€udehöhe beeintrĂ€chtigt das RaumgefĂŒhl auf dem Pausenplatz unwesentlich. Trotzdem bedĂŒrfen die Fassade der Aufstockung und das dadurch verĂ€nderte Bild der Turnhalle sowie die stark umgedeutete Erdgeschossfassade zur PausenflĂ€che aus denkmalpflegerischen Überlegungen einer detaillierten PrĂŒfung. 

Der Grundidee der Turnhallenaufstockung wird funktional einiges untergeordnet. So weist die gesamte FlĂ€che im Obergeschoss keine Nasszellen auf und die KlassenrĂ€ume sind zum Teil zu knapp gehalten. Die Raumaufteilung im Untergeschoss und der Zugang zu den Garderoben sind unattraktiv. Die Ausformulierung der RĂ€ume in der Aufstockung als «Familienhaus» mit vielfĂ€ltigen Sicht- und RaumbezĂŒgen untereinander wird hingegen sehr begrĂŒsst. Die vollstĂ€ndig möblierbaren Kombizonen vor den Klassenzimmern und die flexibel nutzbare Lernlandschaft sind ein Versprechen fĂŒr die Umsetzung eines zeitgemĂ€ssen und attraktiven pĂ€dagogischen Konzepts. 

BezĂŒglich Nachhaltigkeit und Kosten erhĂ€lt das Projekt – in erster Linie wegen der hohen FlĂ€cheneffizienz – in sĂ€mtlichen Kriterien eine positive Bewertung und schneidet im Vergleich mit den anderen Eingaben am besten ab. Das Konzept einer minimalen Intervention findet konsequenterweise auch beim Vorschlag zur GebĂ€udetechnik seine Fortsetzung. Es wird ein Low-TechAnsatz mit natĂŒrlicher LĂŒftung und NachtauskĂŒhlung fĂŒr die dafĂŒr geeigneten RĂ€ume vorgeschlagen. Ein Konzept, das mit dem GebĂ€udestandard 2019 grundsĂ€tzlich zu vereinbaren ist, aber im Zug des Vorprojekts verifiziert und im Detail betrachtet werden muss. Die einfache Konstruktionsweise und Organisation der Aufstockung scheinen aber, falls gefordert, eine Anpassung ohne wesentliche VerĂ€nderung des zugrunde liegenden Entwurfsgedankens zuzulassen. 

Das Projekt wird als sehr sorgfĂ€ltig ausgearbeiteter Beitrag mit klarem Konzept und hoher architektonischer sowie betrieblicher QualitĂ€t gewĂŒrdigt. Die Anbindung der neuen Nutzung an den bestehenden Pausenhof, die Organisation der Schulraumerweiterung als offene Lernlandschaft, der rĂŒcksichtsvolle Umgang mit dem Baumbestand und den teilweise bereits heute schon strapazierten AussenrĂ€umen sowie der ressourcenschonende Ansatz des Entwurfs vermögen rundum zu ĂŒberzeugen.