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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2024

Neubau Kindertagesstätte Lindenstraße in Hirschlanden Ditzingen

Perspektive

Perspektive

3. Preis

Preisgeld: 9.000 EUR

LIEB ARCHITEKTEN BDA

Architektur

Schuler und Winz Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ort, Konzeption
Der neue Baukörper nutzt das schlanke Grundstück optimal aus und belässt einen maximalen Anteil an Freiflä-
chen. Aus diesem Grund wurde die Programmfläche in einem kompakten Volumenorganisiert. Die Versätze der
einzelnen Baukörper ermöglichen differenzierte Außenräume im Dialog mit der jeweiligen Nutzung. Durch die
Staffelung der Gebäudehöhen fügt sich der Gebäudekörper subtil in die unterschiedlichen Umgebungsstrukturen ein.
Um den Straßenraum zu begleiten, einen großzügigen Garten und den schönen Baumbestand zu erhalten, wird
der Neubau an die Blumenstraße herangerückt. Ein großzügiger Vorplatz an der Kreuzung Blumenstraße-
Lindenstraße dient als Treffpunkt für Eltern und bietet Platz zum Verweilen. Er betont den Haupteingang des
Kindergartens und bildet seine Adresse aus. Im Nord-Osten liegt der Zugang für die Wohnungen im zweiten
Obergeschoss. In grüner Umgebung bieten ein breiter Zuweg, vier Pkw- und zehn Radstellplätze, attraktive
Parkmöglichkeiten in Verbindung mit einer klar ablesbar barrierefreien Erschließung. Durch das Herauslösen
eines weiteren Teils aus dem Baukörper für die Dachterrasse der U3 Kinder formt sich ein Baukörper aus Einzelsteinen, der sich in seiner differenzierten Gestaltung wohlproportioniert in die kleinteilige Umgebungsbebauung einfügt. Der Gartenbereich erschließt sich über den gesamten südlichen, optimal belichteten, und für verschiedene Spiele ein gut nutzbarer und differenzierter Spielbereich.
Im 3-geschossigen Baukörper wird im obersten Geschoss das Wohnen platziert. Für den Baukörper kann das
Wohnen optional umgesetzt werden und führt durch die Anordnung im Norden zu keiner Verschattung des
Kindergartenaußenraums.

Typus, Nutzung
Ein wesentliches Merkmal des Typus Kindertagesstätte ist das Wechselspiel zwischen Innen- und Außenraum.
Beide Bereiche dienen, symbiotisch miteinander verknüpft, als Spiel- und Lernorte und sind im Alltag der Nut-
zung auch für die frühkindliche Sozialisierung unverzichtbar. Dem gerecht zu werden, stellt auf dem in seiner
Fläche limitierten Grundstück eine Herausforderung dar.
Das Erdgeschoss ist in klar differenzierte Funktionsbereiche gegliedert. Über den Haupteingang am Nord-
westlich gelegenen Vorplatz gelangt man in das Foyer, das als Verteiler und als erweiterbares Vorfeld des Ess-
raumes dient. Der Garderobenbereich für die Ü3 Kinder ist direkt vom Eingang aus einsehbar und hat mit der
großzügigen Schmutzschleuse einen direkten Ausgang in den südlich gelegenen Garten. Alle Gruppenräume
Ü3 sind nach Süden zum Garten orientiert.
Der Essraum befindet sich am Vorplatz und kann ebenfalls direkt aus dem Foyer erschlossen werden. Die Flure
um den zentralen Sanitärkern erschließen lediglich die untergeordneten Räume.
Über die am Windfang angegliederte Treppe wird das Obergeschoss erschlossen. Dort befinden sich die Sozi-
alräume, der Mehrzweckraum und die Gruppenräume U3. Beide Gruppenräume haben einen direkten Zugang
zur Dachterrasse, welche für die kleinen Kinder die optimal überschaubare Fläche als Außenraum darstellt.
Über eine zusätzliche Treppe wird die Terrasse mit dem Garten verbunden. Die Schlafräume und Sanitärräume
sind den Gruppenräumen direkt zugeordnet um den Übersichtsradius für die Mitarbeiter möglichst klein halten
zu können. Das Obergeschoss kann über 3 getrennte Treppen entfluchtet werden, die Haupttreppe, das Trep-
penhaus der Wohnungen und die Terrasse. Der Aufzug ist so angeordnet, dass er sowohl für die Wohnungen
als auch den Kindergarten gemeinsam genutzt werden kann.
Das Parken ist räumlich vom Platz getrennt, um Kreuzungen zwischen Kindern und Verkehr zu vermeiden. Ein
rückwärtiger Eingang dient der Erschließung der Wohnungen und als separater Zugang für das Personal. Die
drei 2-Wohnungen befinden sich im 2.Obergeschoss.

Bauweise, Material- & Energiekonzept
Natürliche und angemessene Materialien bestimmen den äußeren und inneren Ausdruck. Auf eine aufgesetzte,
dominierende Farbgebung wird verzichtet und der Bespielung durch die Benutzer überlassen. Alle tragenden
Wände sind als Holzständerwände ausgeführt, die der Witterung exponierten Außenwände werden mit Holzla-
mellen im vorgegebenen, klaren Raster verkleidet. Die Holzlamellen werden mit einer farbigen Holzschutzlasur
behandelt. In den hochgedämmten Wänden sind großzügige, der Funktion angemessen platzierte Fensterflä-
chen eingeschnitten. Die Bodenplatte als erdberührendes Bauteil wird aus Recyclingbeton erstellt. Es wird auf
eine konsequente Systemtrennung im Sinne eines einfachen Um- und Rückbaus (Cradle-to-Cradle) geachtet.
Die Südfassade erhält einen baulichen Sonnenschutz in Form eines vorgesetzten Balkons. Zusätzlich werden
die Fensterflächen in der Laibung zurückgesetzt, so dass eine außenliegende Verschattung an allen Seiten
möglich ist.
Die tragenden Innenwände sind als Holzständerwände, die Dächer als BSH-Balkendecke ausgeführt. Die De-
cke wird in den Gruppenräumen, dem Ess- und Mehrzweckraum sowie den Fluren unterseitig mit Holz Akustik-
deckenelementen verkleidet. Die Sichtholzfläche an der Decke macht den Naturstoff Holz für die Kinder erleb-
bar und schafft eine dauerhaft schöne und unverschmutzte, warme Oberfläche. Die übrigen Wände werden in
Leichtbau erstellt, um Flexibilität für einen späteren Umbau zu ermöglichen.
Die Dachflächen erhalten eine intensive Begrünung, die den Baukörper mit einer von weitem wahrnehmbare
fünften Fassade harmonisch in den Naturraum einbettet. Hinsichtlich Mikroklima und Retentionsverhalten wird
die Versiegelung kompensiert. Im 1.Obergeschoss gibt es eine Dachterrasse als Außenbereich für die U3 Kin-
der. Die restlichen Dachflächen erhalten auf der Begrünung zusätzliche PV-Module zur Stromgewinnung.

Freiraumgestaltung
Die Freianlagen des Neubaus gliedern sich in drei Hauptbereiche. Die Erschließungszonen im Norden, die
attraktiven Dachterrassen und die großflächigen Erlebnis-Freiräume im Süden.
Der Neubau wird bewusst über zwei differenzierte Hauptzugänge erschlossen. Im Nord-Osten liegt der Zugang
für die Wohnbebauung. In grüner Umgebung bieten ein breiter Zuweg, vier Pkw- und zehn Radstellplätze (je-
weils Rasenfugenpflaster) attraktive Parkmöglichkeiten in Verbindung mit einer klar ablesbaren, barrierefreien
Erschließung.
Als Platz des Ankommens und der Kommunikation agiert der großzügige Vorplatz, welcher sich zwischen Neu-
bau und Lindenstraße aufspannt und den Haupteingang des Kindergartens betont. Eine Langbank mit Rücken-
lehne, im Schatten der japanischen Blütenkirsche, dient als komfortable Sitzgelegenheit. Ausreichend Radstell-
plätze fördern eine klimafreundliche Anreise aller Altersklassen.
Für alle zukünftigen Nutzer*innen werden ansprechende Dachterrassen ausgebildet. Zwei der drei Wohnungen
erhalten sonnige, ungestörte Dachgärten mit spannender Aussicht. Das erste Obergeschoss des Kindergar-
tens beinhaltet einen abgegrenzten und geschützten Freiraum für die U3 Kinder. Der U3-Bereich bietet ausre-
chend Platz zum Sandeln, Matschen und Krabbeln im Schatten der Bestandsbäume und des großflächigen
Sonnensegels. Die Kleininder können in Ruhe Erfahrungen sammeln und gleichzeitig die größeren Kinder be-
obachten und von ihnen lernen.
Das Herzstück der Freianlagen bildet die großflächige Erlebnis- und Spiellandschaft im Süden, welche von
einem durchgängigen und barrierefreien Spielweg zusammengehalten wird. Die direkt an den Neubau ange-
schlossene Terrasse eröffnet einen Raum zum Unterhalten, Ausruhen und Lernen mit mobilen Sitzmöglichkei-
ten. Der integrierte Kräutergarten spricht Geruchs- und Geschmackssinn der Kinder an und lädt zum Gärtnern
und Kennenlernen von Nutzpflanzen ein. An den Spielweg angrenzende Erlebnisbereiche, machen sich das
modellierte Gelände zu Nutze und eröffnen differenzierte Spielbereiche mit spannender Topografie. Der U3-
Naturspielbereich lädt zum Balancieren und Klettern ein. Ein bewusster, fließender Übergang stärkt die Verbin-
dung zwischen den unterschiedlichen Altersgruppen. In das Gelände integrierte Spielterrassen greifen die
Bodenmodellierung auf und eröffnen unzählige Möglichkeiten zum Experimentieren, Gestalten und Kreativen
Spiel. Die im Süden gelegene Erlebnislandschaft bietet optimale Bedingungen zum Rollenspiel. Naturhafte,
neue Spielgeräte laden zum Klettern, Rutschen und Verstecken ein. An heißen Tagen sorgt der nahezu voll-
ständig erhaltene Baumbestand in Kombination mit neuen Klimabäumen für ausreichend schattige Bereiche.
Materialien wie Holz und Naturstein sorgen im Verbund mit Insektenfreundlichen und pflegeextensiven Pflan-
zungen für naturhafte und ökologisch wertvolle Freiräume. Diese sprechen zwischen Spielpunkten und Spiel-
weg, alle Sinne der Kinder an und laden zum Entdecken und kreativen Forschen ein.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Anordnung des Baukörpers ergibt einen großzügigen und gut proportionierten Garten im Süden der Kindertagesstätte. Wohl proportionierte Versätze der Volumina bilden differenzierte Außenräume und werden jeweils durch eine Funktion hergeleitet. So markiert der Rücksprung im Nordwesten mit einem angemessenen Vorplatz die Adresse der Kita, im Nordosten sind Stellplätze und der Zugang zu den Wohnungen angeordnet und im Südosten ergibt sich eine großzügige Terrasse für die Kinder.

Die Kleinteiligkeit der Kubatur fügt sich behutsam in das Umfeld und wirkt angemessen für die Nutzung. Wohlproportionierte Fassaden ergeben ein ansprechendes Erscheinungsbild.

Vom großzügigen Vorbereich wird ein etwas zu eng wirkendes Foyer erreicht, das außer über ein Oberlicht kaum belichtet wird. Bemängelt wird auch die Auffindbarkeit des Leitungsbüros. Der Rundlauf um den Sanitärkern wird einerseits als interessant empfunden, andererseits wird seitens der Nutzer die Möglichkeit der Aufsicht kritisch angemerkt.

Es überrascht, dass die U3 Gruppenräume im Obergeschoss und die Ü3 Gruppenräume im Erdgeschoss angeordnet sind. Die Praktikabilität wird in der Jury kontrovers diskutiert. Beide U3 Gruppenräume haben einen direkten Zugang zu einer großzügigen Dachterrasse. Über eine zusätzliche Treppe, die nicht der gestalterischen Qualität der Fassade entspricht, gelangen die Kinder in den Garten. Auch hier stellt sich die Frage, ob die U3 Kinder die notwendige Eigenständigkeit im Nutzen der Treppe haben.

Der Eingang im Nordosten führt direkt zu den Wohnungen im 2. Obergeschoss. So sind einerseits die Wege klar getrennt und andererseits kann ein Aufzug sowohl für die Kita, als auch zur Erschließung der Wohnungen genutzt werden. Dies wird als eine wirtschaftliche und dennoch funktionale Lösung erachtet.

Im Vergleich zu den anderen Arbeiten liegt die Wohnfläche im unterdurchschnittlichen Bereich. Es werden lediglich drei 2-Zimmer-Wohnungen angeboten. Somit wird das Potenzial der Aufstockung nicht voll genutzt, wobei die Angemessenheit und die Wirtschaftlichkeit zu hinterfragen ist. Eine Vergrößerung des zweiten Obergeschosses hätte möglicherweise ein Verlust der Oberlichter und somit der Belichtung des Foyers zur Folge.

Die Qualität der drei Wohnungen unterscheidet sich erheblich. Wohingegen die beiden südlich angeordneten Wohnungen einen direkten Zugang zu einer privaten Dachterrasse haben, fehlt bei der nordwestlichen Wohnung ein privater Außenbereich.

Die Verfasser schlagen für das Gebäude eine Holz-Hybridbauweise vor. So sind die Bauteile gegen Erdreich sowie die Aufzugskerne in Stahlbeton unter Verwendung von Recyclingbeton vorgesehen. Die hohe Steifigkeit der aufgehenden Erschliessungskerne durch die Verwendung von Stahlbeton ist auch für einen möglichst verformungsfreien Horizontallastabtrag (Gebäudeaussteifung) hilfreich. Die Geschossdecken sind in Holzmassivbauweise unter Verwendung von Brettschichtholz-Flächenelemente vorgeschlagen. Die in den Fussbodenaufbau integrierte Splitt-Schüttung und die abgehängten Holz-Akustikdecken sorgen für den geforderten Schallschutz und für eine verbesserte Raumakustik.

Insgesamt überzeugt der Entwurf durch eine interessante Kubatur, wohlproportionierte Fassaden und eine angemessene Anmutung für eine Kindertagesstätte.
Lageplan

Lageplan

Modell

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