modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Offener Wettbewerb | 04/2024

Erweiterung Berufsschulzentrum Nord in Wismar

Lageplan M 1:500

Lageplan M 1:500

3. Preis

Preisgeld: 24.000 EUR

Giesler Architekten

Architektur

Planstatt Senner

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

ERWEITERUNG BERUFSSCHULZENTRUM NORD WISMAR
ERLÄUTERUNGSBERICHT

ANLASS: Schule ist viel mehr als nur ein Lernort. Die Berufsausbildung am Berufsschulzentrum Nord in Wismar soll zukünftig an einem Ort konzentriert werden. So sollen Synergien zwischen den verschiedenen Fachbereichen und Nutzern der Berufsschule entstehen um die Qualität der Lehre und des Lernens noch weiter zu steigern. Die Integration eines Internats in den zukünftigen Berufsschulcampus soll den Komfort für seine Nutzer erhöhen und dem Wohnraummangel, gerade auch unter Auszubildenden, entgegenwirken. Diese Maßnahmen sollen vornehmlich dafür sorgen, eine Ausbildung am Berufsschulzentrum Nord noch attraktiver zu machen und letzten Endes dem allgegenwärtigen Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Um all diesen Herausforderungen gerecht zu werden, bedarf es einer qualitativen, nachhaltigen Architektur, die diese Botschaft auch nach außen hin sichtbar macht.

STÄDTEBAULICHES KONZEPT: Das Grundstück des zukünftigen Berufsschulcampus befindet sich in einem spannungsreichen städtebaulichen Kontext. Es markiert den Übergang vom städtischen in den ländlichen Raum. Liegt es auf der einen Seite an einer der größten Einfallsstraßen nach Wismar mit entsprechend großmaßstäblicher Bebauung, so geht es auf der anderen Seite - hinter dem Bestandsgebäude der heutigen Berufsschule - relativ unvermittelt in eine Kleingartensiedlung über. Die verhältnismäßig stark bewegte Topographie potenziert diesen Eindruck noch, da mit Beginn der Gärten das Gelände deutlich abfällt und so einen Ausblick auf die Ostsee ermöglicht.
Mit der Devise möglichst wenig Fläche zu verbrauchen, möglichst viele Kleingärten zu erhalten, die Topographie zu bespielen, einen Campus zu erschaffen und einen Übergang von der Stadt ins Land zu markieren, wirken verschiedenste, teils konträre Einflüsse auf das Grundstück.
Um die Zusammengehörigkeit mit der bestehenden Berufsschule zu betonen, orientiert sich der Entwurf für den neuen Schulkörper in seiner städtebaulichen Figur am Bestand und richtet sich in einer orthogonalen Rasterung an diesem aus. Die Notwendigkeit, das bestehende Werkstattgebäude für die Tischlereiausbildung erst nach Vollendung des Neubaus abzureißen, führt zu einem großen Abstand zwischen Altbau und Neubau. Um die beiden Gebäudeteile dennoch zusammenzubinden und eine große Leerstelle zwischen ihnen zu vermeiden, wird in einem zweiten Bauabschnitt -nach erfolgtem Abriss der Holzwerkstatt- eine Pergola zwischen ihnen errichtet. Neben der überdachten Verbindung der Schulkörper, sorgt sie vor allem dafür, einen neuen, großen Eingangsplatz zwischen ihnen aufzuspannen und so der Schule ein entsprechendes Entree zu geben.
Der Schulkörper an sich ist möglichst kompakt gehalten, um den Flächenverbrauch zu minimieren. Über einem langgezogenen, erdgeschossigen Sockel, löst sich die Kubatur in drei kleinere Körper auf, um die städtebauliche Körnung der Umgebung aufzunehmen. In seiner Dreigeschossigkeit orientiert sich der Schulneubau an dem Altgebäude.
Das neue Internatsgebäude wird als Maßnahme der Nachverdichtung auf dem bestehenden Gelände der Berufsschule errichtet und orientiert sich hin zur Lübschen Straße. Mit seinen vier Geschossen plus Staffelgeschoss bekommt es eine angemessene Präsenz zur Straße hin und markiert mit einer zum Schulneubau analogen Formensprache den Eingang zum neuen Berufsschulcampus.
Eine wichtige Rolle spielt darüber hinaus die Tiefgarage unter dem Schulneubau. Durch die Lage am Hang, ergibt sich unter dem Erdgeschoss ein Sockelgeschoss, um die Topografie auszugleichen. Dieses wird genutzt, um alle erforderlichen, für die Schule neu zu errichtenden Stellplätzen unter dem eigentlichen Schulgebäude unterzubringen. Dadurch wird der Flächenverbrauch weiter reduziert und die Qualität der Außenanlagen deutlich aufgewertet.

SCHULKONZEPT: Die neue Berufsschule ist grundsätzlich in drei Cluster unterteilt. Auf diese sind die verschiedenen Fachbereiche aufgeteilt. Im Erdgeschoss werden sie durch ein durchgehendes Sockelgeschoss miteinander verbunden. Sowohl innenräumlich als auch außenräumlich gibt es mit der Schulstraße innen, bzw. der Pergola außen, ein horizontal verbindendes Element.
Die drei aufgehenden Baukörper zeichnen sich durch drei an der Schulstraße liegende Lichthöfe ab, in denen sich die Schüler und Lehrer in ihre jeweiligen Fachbereiche vertikal verteilen können.
Im Erdgeschoss befindet sich im ersten Baukörper die Aula mit entsprechenden Nebenräumen, im zweiten Baukörper die Gastronomieausbildung mit Küchen und Restaurants und im dritten Baukörper die neue Holzwerkstatt. Angeliefert werden all dies Bereiche entweder erdgeschossig über die Feuerwehrzufahrt und Anlieferzone parallel zur Pergola oder über den Aufzug aus der Tiefgarage. In den beiden Geschossen darüber verteilen sich hauptsächlich die Klassenräume für den Theorieunterricht um die drei Lichthöfe. Dabei sind die Klassenräume jeweils nach Osten oder Westen orientiert, während der Innenhof von Norden und von oben belichtet wird.
Zwischen den drei Baukörpern spannen sich zwei Höfe auf, die sich nach Norden, Richtung Ostsee orientieren und von fast allen Standorten in dem Gebäude die Sicht auf die See ermöglichen.
Pro Baukörper gibt es jeweils einen zentralen Erschließungskern mit Aufzügen und notwendigen Treppenräumen, der alle Geschosse miteinander verbindet.
Aus der Tiefgarage wird die Schule über zwei von oben belichtete, großzügige Treppenräume ins Erdgeschoss erschlossen. Außerhalb der Unterrichtszeiten, ist es möglich, die einzelnen Schulkörper separat zu verschließen und die Erschließung mittels der Zwischenbaukörper nach außen zu verlegen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf besticht durch die kompakte Anordnung der Schulerweiterung mit einem durchgehenden Sockelgeschoss und drei gut proportionierten aufragenden Volumen, die die Körnung der Umgebung aufgreifen und einen durchlässigen Übergang vom städtischen in den Landschaftsraum schaffen. Die zum Bestandsgebäude leicht nach Westen versetzt angeordneten Gebäude präsentieren sich 3-geschossig zum gemeinsamen Schulhof und 4-geschossig zur natürlichen Senke. Es entsteht für sich ein maßstäblich überzeugendes Gesamtensemble aus Alt- und Neubau, das über eine Pergola zusammengefasst wird. Sie definiert das neue Entrée der Schule räumlich und führt optisch gleichzeitig über die bestehende gläserne Gebäudefuge des Altbaus bis an die Lübsche Straße heran.

Die durch das hohe Erdgeschoss fast 5-geschossige Gebäudekante zum nördlich stark abfallenden Geländeprofil wirkt allerdings in seiner Gänze zu massiv und hart, wenngleich die begrünte Tiefgaragenfassade dies etwas abmildert und den Übergang zum Grünraum intelligent andeutet.

Der Internatsbaukörper kann nicht überzeugen und wird hinsichtlich der Lage vor der Bauflucht an der Lübschen Straße als auch der Höhenentwicklung kritisch gesehen. Er riegelt den Campus zu sehr von der Stadt ab und dominiert das Bestandsgebäude unangemessen.

Bei der Einordnung der Erweiterungsbauten in den nördlichen Hang ist das Bemühen um die Berücksichtigung der landschaftlichen Gefällesituation erkennbar, sie können in ihrer Lage jedoch nicht überzeugen.

Die Freiräume innerhalb des Campus werden durch lineare Baumreihen übersichtlich gegliedert, die Pergola markiert den Übergang vom befestigten Vorplatz zum begrünten Freiraum mit Freizeitangeboten. Das an Gebäuden, freistehender Pergola und Arkadengängen stets wiederkehrende Säulenraster verbindet Baukörper und Freiraum strukturgebend miteinander, seine dominierenden Proportionen wären jedoch zu überprüfen. Sitzstufen zwischen den aufragenden Baukörpern binden den nördlichen Landschaftsraum und die möglichen Erweiterungsflächen an und formulieren einen fließenden Übergang.

Das Parkgeschoss unter dem Schulgebäude nutzt die Hanglage geschickt aus und bietet mit der unmittelbaren Erschließung vom Knotenpunkt einen nahezu autofreien Campus. Die dargestellten Backsteinfassaden sind differenziert ausformuliert und lassen eine hohe Gestaltungsqualität und robuste Langlebigkeit erwarten.

Zur Qualifizierung des thermischen Komforts wäre eine Reduktion des transparenten Fassadenanteils und ein höherer Anteil von Speichermasse, z. B. durch Stahlbetondecken, anzustreben.

Die drei Cluster der verschiedenen Fachbereiche werden über eine innere Schulstraße miteinander verbunden und sind über zentrale Lichthöfe mit offenen Treppen und nach außen orientierten Fachräumen gut und übersichtlich organisiert, das Raumprogramm ist erfüllt. Im östlichen Baukörper liegen die Gemeinschaftsflächen mit Aula, die sich mit vorgelagerten Terrassen und Treppenanlagen in den nördlichen Freiraum öffnen und für außerschulische Veranstaltungen separat genutzt werden können.

Die konzeptbedingte Rettungs- und Anlieferungszone auf dem Campus parallel zur Pergola ist nicht optimal, wird aber aufgrund der zu erwartenden Nutzungsfrequenz als zumutbar eingeschätzt.

Insgesamt überzeugt der Entwurf durch die kompakte Anordnung der Baumasse an der Hangkante und die konsequente Freihaltung der natürlichen Niederung. Dem Entwurf gelingt es, Bestand und Erweiterung zu einem Ensemble zusammenzubinden und mit einer hohen gestalterischen Qualität dem künftigen Campus des Berufsschulzentrums Nord in Wismar Ausdruck zu verleihen.
Übersicht

Übersicht

EG

EG

1. OG

1. OG

2. OG

2. OG

Ost/West

Ost/West

Nord/BB

Nord/BB