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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2023

Temporärer Architekturpavillon in Braunschweig

Außenperspektive

Außenperspektive

1. Preis

Preisgeld: 5.000 EUR

JUHU! Architektur - jensen und hultsch architekten partgmbb

Architektur

Marc-André Tiede

Student*in

Erläuterungstext

Idee
HOCH! lädt ein den Domplatz aktiv zu nutzen und Blickwinkel zu ändern.
Der Fokus des Entwurfs liegt daher auf einer guten Wahrnehmbarkeit des Pavillons,
einem maximierten Nutzer*innenkreis und einer möglichst großen Nutzungsdauer im Tageslauf.

Städtebau
Der Domplatz ist umringt von geschichtsträchtigen Gebäuden und Einzeldenkmalen
zu denen HOCH! weder in Konkurrenz treten kann noch will. Herausragend ist hierbei eindeutig der Braunschweiger Dom zu dem sich HOCH! klar in Beziehung setzt, um den Bereich vor der Südflanke des Turms als Freilichtbühne zu definieren und neue Blicke auf die gesamte Südfassade des Doms zu ermöglichen. Die nach Süden ansteigende Kubatur von HOCH! schiebt sich prägnant in alle drei Sichtachsen des Domplatzes (Platz der Deutschen Einheit, Burgplatz, Kleine Burg), fängt die Blicke von Passant*innen ein um sie zum Verweilen einzuladen

Nutzungen

1. Black Box
Der Multifunktionsraum mit einer Grundfläche von rund 60m² funktioniert bei geschlossenen Faltläden wie der Hauptraum eines kleinen Studiotheaters: als eine Black Box mit vielfältigen Bestuhlungsmöglichkeiten, Aufstellfläche für eine kleine Bühne sowie diversen Optionen zum Anbringen von Bühnentechnik im leichten Stahltragwerk. Aufgrund der Lage unmittelbar am Hauptzugang kann der Barbereich hier ebenfalls die Funktion Kasse/Einlass mit übernehmen.

Hierbei möglich sind:
- Musikveranstaltungen/Konzerte
- Theatervorstellungen
- Lesungen/ Vorträge
- Kinovorstellungen
- Ausstellungen
- Lounge/Bar
- Workshops
- Café
- Fashion Shows

2. Fenster zur Stadt
Öffnet der Multifunktionsraum einige oder alle seine Faltläden tritt er mit dem umfließenden Stadtraum in Beziehung. Bei vollkommen geöffneten Faltläden ist aus unserer Sicht ein Café-Betrieb oder eine
Ausstellung die sinnfälligste Nutzung bei der zusätzlich zu den Bestuhlungsmöglichkeiten im inneren eine umlaufende Bank zum regengeschützten Verweilen einlädt. Teilweise geöffnete Faltläden ermöglichen
es Besucher*innen zu lenken („Tunnel“) sowie z.B. gezielt eine Projektionsfläche im
Innern zu erhalten bei gleichzeitig maximaler Offenheit.

3. Himmelsleiter
Die Tribüne kann sowohl programmiert als auch unprogrammiert genutzt werden.
Hinsichtlich einer programmierten Nutzung haben wir die Braunschweiger Domgemeinde im Fokus: Die Gemeinde kann
bei Freiluftandachten bzw. Gottesdiensten auf der Tribüne platz finden, ebenso Zuschauer*innen bei kleinen Konzerten der Domchöre. Darüber hinaus sehen wir das Potenzial die Sichtbarkeit der Domsingschule in der Stadt zu erhöhen, in dem die Tribüne selbst für Freiluftproben oder für Chorkonzerte genutzt wird, bei denen der
umfließende Stadtraum der Zuschauerraum ist. Als unprogrammierte Nutzung
sehen wir die Tribüne von HOCH! als Treffpunkt bzw. für Pausen beim Stadtbummel
oder beim Einkaufen. Aufgrund der Lage an der Fassade kann der Barbereich bei
geschlossenem Pavillon über einen Klappladen als Bar/Kiosk zur Versorgung der Tribüne genutzt werden.

Barrierefreiheit
Im Bereich der beiden Hauptzugänge sind
dauerhaft Anlegrampen geplant, um Rollstuhlfahrer*innen das Überwinden des Hö-
henversatzes von ca. einer Stufe zu ermöglichen.

Nachhaltigkeit
Für die gesamte Konstruktion von UP werden die aus unserer Sicht aktuell nachhaltigsten Baustoffe materialgerecht eingesetzt: Stahl als unendlich recyclierbarer Rohstoff für die leichte Tragwerkskonstruktion und Holz als nachwachsender und CO2-bindender Rohstoff für Fassade, Innenwände und das Faltwerk der Treppe. Bei sämtlichen Holzprodukten sollen FSCzertifizierte Baustoffe zum Einsatz kommen. Die Konstruktion ist dahingehend optimiert, nicht notwendige Komponenten wegzulassen, beispielsweise sind die Abtrennungen zwischen Besprechung und Lager sowie Barbereich und Lager lediglich als Molton-Vorhänge ausgeführt, da hier aus unserer Sicht ein einfacher Sichtschutz ausreicht.
Zudem erübrigt das Konstruktionsprinzip den Einsatz von Baustoffen, die im Zuge des ersten Abbaus entsorgt und beim erneuten Aufbau wiederholt beschafft und verbaut werden müssen.
Last not Least ist HOCH! geeignet, auch über die geplante 2-fache Aufstellung hinaus eingesetzt zu werden.

Unterhalt
Wenn der Innenraum des Pavillons nicht genutzt wird, hat das Gebäude einen skulpturalen Charakter. Aufgrund der Logik der Faltläden sind keine zu öffnenden Fenster im EG vorhanden und die Fassadenkonstruktion besteht aus widerstandsfähigen Materialien Siebdruckplatte / KVH). Daher ist der Aufwand zum Schutz des Gebäudes vor Einbruch und Vandalismus als gering einzustufen. Zudem ermöglicht der Pavillon einen Außenverkauf von der Bar aus. Da hierfür nur ein einzelner Klappladen geöffnet werden muss, ist der erforderliche Zeitund Personalaufwand sehr gering.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Intention, den Raum mit dem skulpturalen Ansatz neu zu fassen, ist deutlich erkennbar. Gegenüber der Seitenkapelle des Südschiffs wurde der Standort in Fortsetzung des Westwerks des Doms gut gewählt. Das Preisgericht begrüßt ausdrücklich die klare Haltung des Entwurfs zum Dom in ihrer städtebaulichen Form und Höhe. Durch die Platzierung der Treppe werden auch die anliegenden Straßen und Platzräume mit in die Blickachsen aufgenommen und neue räumliche Erlebnisse ermöglicht. Zu überprüfen ist - bei geöffneten Läden - die Umfahrbarkeit des Gebäudes, um sicherzustellen, dass es zu keiner Beeinträchtigung des Verkehrs (Anlieferung) kommt. Es ist ein Gebäude, das geeignet ist auch bei schlechtem Wetter genutzt werden zu können. Gleichzeitig öffnet sich das Gebäude auf allen drei Seiten und ermöglicht bei gutem Wetter eine optimale Einbeziehung des öffentlichen Raums. Kritisch zu überprüfen sind die Raumhöhen unterhalb der Treppe im Servicebereich. Die Raumqualität (Licht) bei geschlossenen Faltläden muss sichergestellt sein. Das Raumprogramm ist erfüllt und in einem geschützten Raum sehr gut umsetzbar. Wenngleich alle Kriterien gut erfüllt sind, erscheint es fraglich, ob eine Treppe im öffentlichen Raum mit einer wie hier angedachten Höhe (Größe) ohne Zwischenpodeste gefahrlos nutzbar und auch realisierbar ist. Hier besteht Überarbeitungsbedarf. Das Preisgericht hebt die erleichternde Auf- und Abbauweise und den ökologischen Einsatz von Holz lobend hervor, allerdings lässt es die Reflexion auf weitere experimentelle und alternative Materialien vermissen, die in einer möglichen Ausarbeitungsphase begrüßt werden. Die Barrierefreiheit wird ebenfalls kritisch diskutiert. Hier wird angenommen, dass zurzeit nur die unterste Stufe und der Innenraum barrierefrei erschlossen sind. Bei einer möglichen weiteren Bearbeitung sollte die barrierefreie Nutzung auch von der Aussichtsebene untersucht werden. Die Realisierbarkeit scheint gut gegeben zu sein. Allerdings handelt es sich offenkundig um ein großes Bauwerk, dessen Konstruktion auf baurechtliche und wirtschaftliche Aspekte hin zu detaillieren ist.
Isometrie

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