Offener Wettbewerb | 05/2022
Erweiterung Schulanlage Luchswiesen in ZĂĽrich-Schwamendingen (CH)
©Berrel Kräutler Architekten / Dominik Herzog / LYRA
Unterer Pausenhof
3. Rang / 3. Preis
Preisgeld: 30.000 CHF
Architektur
Landschaftsarchitektur
Bauingenieurwesen
DUNEDIN ARTS Architektur Visualisierungen
Visualisierung
Erläuterungstext
Der von grossen Bäumen gefasste Schulcampus Luchswiesen besteht aus einem lockeren Ensemble mit vier Gebäuden. Zwei Neubauten, das Schulgebäude und die Sporthalle mit dem Ateliergeschoss, ergänzen die bestehenden Trakte A und B und bilden eine neue campusartige Struktur. Jedes der vier Gebäude verfügt über einen eigenen unverwechselbaren Charakter mit eigenen spezifischen Qualitäten, die FAB FOUR. Die städtebauliche Setzung der Gebäude schafft dabei eine Abfolge von grosszügigen Freiräumen, welche sich nahtlos in die Struktur der fliessenden und durchgrünten Aussenräume im Sinne der Steinerschen Gartenstadt einfügen.
Die spannende topographische Differenzierung Kollbrunners wird wird durch grosszügige, breite Treppenstufen verschliffen und so die räumliche Kontinuität auf ein kindegerechtes Mass gebracht. Eine weitere Ost-West verlaufende Achse ergänzt das Wegsystem und vernetzt das Schulgelände mit dem Quartier. Die abwechslungsreichen Orte und Plätze bieten vielfältige Möglichkeiten für aktives Spiel, wie auch für Rückzug und bereichern das vorhandene Nutzungsangebot des Quartiers. Die Umsetzung der beiden Neubauten kann ohne Provisorien in Etappen ausgeführt werden.
Beurteilung durch das Preisgericht
Die Verfassenden von FAB FOUR überraschen mit einer einfachen und stimmigen städtebaulichen Disposition: Durch die Setzung von zwei Neubauten, welche die zu erhaltenden Primarschulhäuser ergänzen, wird die städtebauliche Grundordnung der Schulanlage Luchswiesen erfolgreich uminterpretiert. Aus der introvertierten Ensemble- Schule entsteht so eine offene Anlage von in schachbrettartiger Grundstruktur alternierenden Freiräumen und Solitärbauten. Dieser Städtebau vermag spannende Diagonalbezüge aufzubauen und überzeugt mit einladender Haltung gegenüber dem Quartier. Die vier Bausteine aus drei unterschiedlichen Zeiten – die «Fabulous Four» – sollen über eigene Charaktere verfügen. So setzt sich der länglich organisierte neue Primarschulbau mittig in die bestehende Anlage und halb visà - vis zum Kollbrunnerbau, der, in seiner neuen Rolle als Solitär freigestellt und neuerdings ohne Laufgang, etwas gar amputiert erscheint.
Ein weiterer Neubau, bestehend aus Sporthalle sowie Räumen für das Gestalten und Musizieren, wird in das nordwestliche Eck des Grundstückes gesetzt und adressiert sich prominent am Grüngürtel Glattwiesen. Er versteht sich als «Scharnier zwischen Schulareal und Quartier » und stärkt nicht nur städtebaulich, sondern auch programmatisch die einladende Geste der neuen Anlage. Zur Erschliessung und Adressierung der beiden Neubauten wird eine zweite wichtige Ost-West-Achse angedacht. In ihrer Hierarchie unentschlossen, nehmen die beiden überbreiten Verbindungen viele Spiel- und Sitzelemente auf und scheinen den durch die Organisation der Sportnutzung etwas unter Druck geratenen Pausenhof entlasten zu müssen. Insgesamt entsteht so ein vielschichtiges Gefüge von Wegen und Freiräumen mit attraktiven Blickbeziehungen, das durchaus Qualitäten, aber auch einige Engstellen offenbart. Das allseitig eingezogene Erdgeschoss des Primarschulneubaus wirkt wohltuend auf diese Engstellen, bietet Schutz vor Witterung und zeichnet das «Schulhaus im Herzen der Anlage» architektonisch aus. Das Primarschulhaus ist in den drei Obergeschossen stimmig organisiert: Jeweils zwei Cluster pro Geschoss funktionieren unabhängig, können aber auch über eine flexible Mittelzone zusammengeschaltet werden. Leider wird die Begegnungszone etwas stark durch die Garderoben besetzt.
Der Sporthallenneubau mit Ateliergeschoss bleibt in seiner Höhe niedrig. Ob dieser mit zwei Geschossen und in seiner flächenmässigen Ausdehnung wie von den Verfassenden vorgesehen als Pavillon wahrgenommen werden kann, bleibt allerdings fraglich. Nichtdestotrotz gefällt die lichtdurchflutete Sportanlage mit öffentlichem Selbstverständnis sehr. Sie ist räumlich wie auch statisch effizient organisiert und braucht entsprechend wenig Aushub, was sich positiv auf die ökologische Bilanz auswirkt.
Das «Ateliergeschoss» ist dem Gestalten und dem Musizieren gewidmet und befindet sich über der Dreifachsporthalle. Es soll wie diese unabhängig von der Schule betrieben werden können. Neben den Räumen für das Werken, die Handarbeit und die Musikschule finden sich hier auch Räume für die Therapie und Psychomotorik sowie mit dem Gymnastikraum eine zusätzliche Sportnutzung.
Dieses ambitioniert durchmischte Raumprogramm wird dem Quartier an den Abenden, Wochenenden und an Ferientagen zur Verfügung gestellt. Ein tolles Angebot für die Nachbarschaft und die willkommene Möglichkeit, ungenutztes Schulraumpotenzial im Sinne der Suffizienz zu nutzen. Leider fehlen die planerischen Lösungsansätze für die hier zu erwartenden betrieblichen Herausforderungen. Insbesondere eine separate Erschliessung von den Sportnutzungen wird schmerzlich vermisst. Zudem erschliesst sich dem Beurteilungsgremium nicht, weshalb die Atelierräume nicht auf die Dachgeometrie Bezug nehmen und teilweise sehr umständlich erschlossen und organisiert sind. So kommt beispielsweise die Musikschule im Innern zu liegen, was in dieser Form nicht bewilligungsfähig ist.
Das Projekt FAB FOUR liegt bezüglich Treibhausgasemissionen im Mittelfeld der engeren Wahl. Den Vorteilen des geringeren Aushubvolumens steht eine vergleichsweise grosse Gebäudeoberfläche gegenüber. Dies führt auch zu Baukosten im mittleren Bereich.
Insgesamt schafft das Projekt FAB FOUR mit seinem verblüffend einfachen städtebaulichen Ansatz die Voraussetzung für eine gute, nachhaltige Schulanlage, an der die räumliche und programmatische Offenheit gefällt. Leider gelingt die Rollenumdeutung des Kollbrunnerbaus nicht überzeugend und der Freiraum scheint zu sehr von der Sportnutzung besetzt.
©Berrel Kräutler Architekten / Dominik Herzog / LYRA
Die beiden Neubauten
©Berrel Kräutler Architekten / Dominik Herzog / LYRA
Im Sportpavillon
©Berrel Kräutler Architekten / Herzog Architekten / LYRA
Situation
©Berrel Kräutler Architekten / Herzog Architekten / LYRA
Grundriss Erdgeschoss
©Berrel Kräutler Architekten / Herzog Architekten / LYRA
Schnitte
©Berrel Kräutler Architekten / Herzog Architekten / LYRA
Modell