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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2023

Innovative Grundrisse für den geförderten Wohnungsbau

Nutzungsoffene Räume

Nutzungsoffene Räume

ein 1. Preis / Typologie Zeilengebäude

ROBERTNEUN™

Architektur

Erläuterungstext

Die sich ändernden Wohn- und Lebensbedingungen rufen nach einer Architektur, die Veränderungen überleben kann, nach einer robusten Struktur für unterschiedliche Lebensstile. Gesucht werden heutzutage vielfältige Lösungen für verschiedene Nutzer*innen und einen langen Nutzungszyklus. Eine Wohnung muss so flexibel sein, dass sie immer auf die Dynamik der Gesellschaft reagieren kann und immer wirtschaftlich interessant bleibt. Es wird mehr und mehr für das Unbekannte entworfen.

Nutzungsoffene Räume
Die Räume einer Wohnung sollen so entworfen werden, dass verschiedene Nutzungen möglich sind. Den Bewohner*innen wird das Bewohnen ohne Bevormundung möglich gemacht. Z.B. soll es möglich sein, Wohnen, Schlafen und Essen nicht voneinander trennen zu müssen. Auch Gewohnheiten wie Schlafen nach Osten orientiert und Wohnen/Essen nach Westen orientiert werden aufgelöst. Die Bewohner*innen sollen selber entscheidet können, welche Vorgaben der Hamburger Wohnraumförderung innerhalb der Wohnung eingehalten werden und welche nicht.
Ausgangspunkt des Entwurfs ist ein Raum mit einer Fläche von ca. 26m2. Jeder Raum ist beinahe quadratisch und hat keine definierte Nutzung. Durch Halbieren lässt sich der Raum mindestens in die kleinste Einheit der von der Hamburger Wohnraumförderung definierten Mindestgröße eines Wohnraums des Basis Wohnen (Schlafzimmer mind. 10m2) teilen. Die Räume sind nutzungsoffen und in einem hohen Maße flexibel. Eine Kategorie der Räume ist nicht ablesbar. Die Bewohner*innen werden so zu individueller Nutzung aufgefordert. Verschiedene Aktivitäten des Wohnens können in allen Aufenthaltsräumen stattfinden. Die Bewohner*innen entscheiden selbst.
Die nutzungsoffenen Räume berücksichtigen die sich ändernden Wohnbedarfe. Durch Raumtrenner in Form von z.B. Trennwänden oder Schränken kann die Anzahl der Zimmer innerhalb der Wohnung angepasst werden was eine hohe Flexibilität mit sich bringt. Eine Wohnung kann so mehrere verschiedene Nutzungszyklen durchleben und berücksichtigt die Veränderung der funktionalen Ansprüche an die Organisation der Wohnungsstruktur im Laufe des Lebens - ohne bauliche Eingriffe.

Umgang mit Gebäudetiefe
Durch die große Gebäudetiefe von 18,00m lässt sich der Grundriss längs in drei Schichten einteilen, einer mittleren und zwei äußeren. Die Schichten sind allesamt gleich tief, so dass in allen drei Schichten gleichwertig große Räume möglich sind. Es entsteht so eher ein Schemata statt ein durch Analysen konstruierter Grundriss, ein Schemata von Räumen und Servicezonen. In den äußeren beiden Schichten entlang der Längsfassaden befinden sich die Aufenthaltsräume. In der mittleren Schicht wechseln sich Erschließungskerne, Nasszellen, Lichthof und zentrale Aufenthaltsräume ab. Der Lichthof dient zur zusätzlichen Belichtung und natürlichen Belüftung des zentralen Raums der durchgesteckten Wohnung.
Es besteht eine große strukturelle Offenheit. Eine Zimmerstruktur wird potenziell aufgelöst. Jeder und jede hat die Möglichkeit sich den Ort des Schlafzimmers selber auszusuchen. Zudem soll es aus Belichtungs- und Schallschutzzwecken keine reinen nach Norden ausgerichteten Wohnungen geben.

Wohnungstypen
Um unterschiedliche Wohntypologien anzubieten, wird die Mittelschicht um ein halbes Rasterfeld verschoben. Das Versetzen ermöglicht diagonale Sichtbezüge durch die gesamte Wohnung sowie Wohnungsgrößen mit drei und mehr Räumen. Von einem zentralen Raum können bis zu 4 Aufenthaltsräume abgehen. Die durchgesteckten Wohnungen mit einem Wohnraum in der Mittelzone erhalten an den mittleren Raum angrenzend einen Lichthof, welcher zusätzliches Licht von oben in die Wohnung bringt. Die sogenannten Enfilade-Wohnungen bilden sich durch aneinandergereihte Räume entlang der Längsfassaden. Diese können aus zwei oder drei Räumen bestehen. Dazwischen schalten sich die kleinsten Wohnungen für 1-Personenhaushalte. Diese sind sinnhaft so gesetzt, dass sie nie nur nach Norden ausgerichtet sind. Im Kontext der Gebäudeausrichtung und der großen Gebäudetiefe werden so auch die kleinsten Wohnungen belichtet. So entsteht ein vielfältig nutzbarer Wohnungsmix für möglichst viele Mieter*innengruppen mit möglichst unterschiedlichen Wohnungsgrößentypen.
Jede Wohnung hat eine natürlich belichtet und belüftete Küche und zudem mindestens einen Balkon. Die Bewohner*innen der durchgesteckten Wohnungen können sich an heißen Sommertagen sogar aussuchen ob sie sich auf dem kühleren Freisitz an der Nordseite aufhalten.
Innerhalb der Gebäudestruktur lassen sich flexibel und ohne baulichen Eingriffe sowohl Basis- als auch Clusterwohnungen ausbilden.

Erschließung
Sämtliche Wohnungen werden über zwei effiziente innenliegende Erschließungskerne mit zentralem Aufzug als Durchlader erschlossen, die im Erdgeschoss über die beiden Zugänge an der Nordseite erreicht werden. Je nach Geschoss fungiert die Erschließung als Zwei-, Drei- oder Vierspänner.

Erdgeschoss
Aufgrund der Nähe zu der Straße im Norden wird das Erdgeschoss als Hochparterre ausgebildet. Neben den Zugängen an der Nordseite befinden sich zwei gemeinschaftlich genutzte Flächen für die Bewohnerschaft, Nachbarschaft und Öffentlichkeit. Das Erdgeschoss bietet sich zudem optimal für Clusterwohnungen an. Durch die großen Gemeinschaftsflächen innerhalb der Wohnung lässt sich der mittlere Raum, welcher anders als im Regel- und Dachgeschoss keinen Lichthof beinhaltet, über einen zusätzlichen an der Südfassade liegenden Gemeinschaftsraum ausreichend belichten.

Regelgeschoss
Das Regelgeschoss erhält als zusätzliche Qualität einen Lichthof durch welchen der zentrale innere Raum der durchgesteckten Wohnungen belichtet wird und die Küche natürlich belüftet werden kann. In einem Regelgeschoss lassen sich alle geforderten Wohnungsgrößentypen abbilden. Wie in den Bespielungsbeispielen dargestellt, lassen sich die Wohnungen an die sich ändernden Wohnbedarfe anpassen.

Dachgeschoss
Im Dachgeschoss können die größten Wohnungen angeordnet werden, was sich in der Fassade durch Doppelbalkone bemerkbar macht und sich so von den Regelgeschossen unterscheiden lässt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der typologische Entwurf für die tiefe Zeile leitet sich aus logischen Rückschlüssen der Flexibilität über Raumgrößen her. Und entwickelt dabei Grundrissschemata anstatt fest gelegter Grundrisse, die in ihrer guten Proportion und Anordnung an die Qualitäten und Robustheit der Gründerzeit anknüpfen: große, nutzungsneutrale Zimmer, die ohne große bauliche Eingriffe in das Gefüge in verschiedene Wohnungsstrukturen abgewandelt werden können.

Die Bewohner*innen erhalten dadurch die Freiheit, ihren Wohnraum selbst den wechselnden Lebensumständen anzupassen. Hierbei sind im Umkehrschluss eine flexible Anwendung der personenbezogenen Flächen der Förderrichtlinien oder flexible Übergänge in den Mietverhältnissen nötig. So könnten in einem engen Preiskorsett auch dichtere Belegungen möglich und der Flächenansatz pro Person flexibel eingestellt werden.

Eine quadratische und gut bemessene Raumgröße von 26 m2 lässt sich auch in zwei Räume mit Flur aufteilen und bildet damit die Grundlage für eine Mischung von Basis- und Clusterwohnungen in einem Gebäude. Dabei entstehen durchgesteckte Wohnungen mit Innenzonen, die geschickt über Lichthöfe oder die an der Fassade liegenden Zimmer belichtet werden, ebenso wie einseitig orientierte Kleinst- oder Enfiladewohnungen.

Eine Skalierbarkeit ist einfach in Schritten der Abstände der Treppenhäuser möglich. Die Arbeit lässt im Rohbau eine wirtschaftliche Erstellung und eine gute serielle Vorfertigung zu. Und sie stellt an die Planer und die Bauwirtschaft die Frage nach Möglichkeiten der weitergehenden Vorfertigung des Innenausbaus. Der Entwurf lässt gute Reaktionen auf die Dynamik der Gesellschaft und der Wohnformen zu, auf die die Förderbedingungen reagieren könnten.
Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss RG

Grundriss RG

Grundriss DG

Grundriss DG