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Award / Auszeichnung | 05/2024

Otto-Borst-Preis 2024 für Stadterneuerung

Südmole

Südmole

Strandpark „Waller Sand“ in Bremen – Urbaner Deichbau als Zukunftsaufgabe

DE-28217 Bremen

Preis | Kategorie: Freiraumgestaltung

A24 Landschaft

Landschaftsarchitektur

Sondervermögen Überseestadt der Freien Hansestadt Bremen

Bauherren

Sweco GmbH

Architektur, Bauingenieurwesen, Landschafts- / Umweltplanung

ASP Atelier Schreckenberg Planungsgesellschaft mbH

Landschaftsarchitektur

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Landschaft und Freiraum

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2015
    Fertigstellung: 01/2021

Projektbeschreibung

Urbaner Raum, dichte Bebauung und nur wenige Schritte weiter: freier Blick, Wind, Natur, Strand und Wasser. Die Parkanlage Waller Sand bildet die äußerste Spitze des mit einer Fläche von rund 300 ha aktuell größten innerstädtischen Entwicklungsgebiets Europas – der Überseestadt Bremen. Bis in die 1990er Jahre wurde das Gebiet rein industriell genutzt. Für die Großschifffahrt wurde der Fluss an der Hafenzufahrt zu einen imposanten Wendezirkel ausgebaut. Hier spannt sich heute die ausgedehnte Sandfläche auf, die den vernachlässigten Ort zu einem Park mit stadtweiter Anziehungskraft wandelte.

Urbaner Hochwasserschutz

Waller Sand demonstriert, wie notwendige technische Infrastrukturen zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels in lebenswerte Räume integriert werden und eine neue, überformte Natur als bewusste, raumbildende Bewältigung der aktuellen Aufgabe des Anthropozäns entstehen kann. Mit einem weichen, fließenden Übergang zwischen Stadt und Wasser macht der neue Park die Weser erlebbar und inszeniert die faszinierende, umgebende Silhouette der Industriegeschichte.

Spundwand als Hochwasserschutzbank

Eine 15 m tiefe Spundwand wurde als Teil des Hochwasserschutzbauwerks errichtet. Der obere sichtbare Teil ist als eine das Projektgebiet umspannende Sitzbank aus Beton ausgeführt, die sowohl von der Park- als auch von der Stadtseite genutzt werden kann. Sie ist ebenso ein konstruktiver Teil des Hochwasserschutzes als auch ein wesentlicher und raumbildender Teil der Freianlage.

Naturerlebnis in der Stadt

Kontrapunkt zur maritimen Dünenlandschaft des Strandparks ist die trockene und doch üppige urbane Wildnis der Südmole. Durch die Erweiterung der besonderen, bestehenden Spontanvegetation auf dem aufgegebenen Gleisschotter mit heimischen Pflanzen wird die gewachsene Landschaft behutsam und systematisch umgestaltet und so akzentuiert und inszeniert.

Die natürliche Vegetation der Dünen greift die regionale Eigenheit der nahen, kargen Nordseeküste auf. Dünengräser sichern die Dünen und halten den Sand des Strands zurück. Windzerzauste Kiefern bilden eine malerische Kulisse und spenden Schatten. Trotz der Anspruchslosigkeit in der Pflege entfaltet sich im Lauf des Jahres eine variantenreiche, blühende Vegetation.

Zentraler Anziehungspunkt des Parks ist der großflächige Strand, der sich zwischen Stadt- und Wasserkante aufspannt. Er transferiert den Sehnsuchtsmoment der maritimen Urlaubslandschaft in den großstädtischen, post-industriellen Hafenkontext und bildet die Schnittstelle, an der Stadt und Natur aneinander stoßen. Die knapp drei Hektar große, nutzungsoffene Fläche entwickelt sich zum stadtweiten Magnet für zahlreiche Freizeitaktivitäten und ist Verknüpfungspunkt mit den umliegenden Stadtteilen Gröpeling und Walle.

Nutzungsoffene Landschaft

Die reduzierte Gestaltung und Nutzungsoffenheit des Strandparks gibt Raum für freies Spiel. Kinder entdecken
die Qualitäten der unbeschriebenen, weiten, weichen Fläche, die zum Spielen anregen ohne etwas vorzugeben.
Sand bietet außerdem, im Gegensatz zu Spielgeräten oder harten Belägen, eine Gestaltungsmöglichkeit. Statt nur einzelne, isolierte Nutzungen bietet ein Strand einen inklusiven Freiraum an, der alle Altersgruppen anzieht.

Ein Wasserspielplatz und ein Beachvolleyballfeld an der Stadtkante ergänzen das Angebot für Spiel mit Wasser und
Bewegung im Sand. Ansonsten lässt die relativ zurückhaltende gestalterische Geste einen unbestimmten Raum für Spontanität
und Eigeninitiative.

Wiederverwertung von Hafenelementen

Den schmalen Vorplatz des Molenturms belebt eine etwa 20 m lange, multifunktionale Holzskulptur zum Klettern und Sitzen. Die imposanten Bongossi- Bohlen aus recycelten Reibhölzern ehemaliger Schleusenwände schaffen eine starke Klammer zur rauen Hafenumgebung und erinnern an den nahegelegenen Holzhafen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Aufgrund der Klimaveränderungen ist Hochwasserschutz eine Kernaufgabe der Stadtentwicklung dieses Jahrhunderts. Bisher wurde er oft monofunktional zum Zweck des Überschwemmungsschutzes konzipiert und gebaut. Bestehende Stadtsysteme wurden mit Verlust von Natur und Freiraum umgebaut, große Ingenieursbauwerke errichtet, hohe Mauern und Grenzen zum Wasser erstellt, alte Bäume gefällt und Stadträume zerschnitten. Gelingt die Interdisziplinarität zwischen technischen und gestalterischen Anforderungen, kann Hochwasserschutz als integrierte Bauaufgabe einen Mehrwert für die Stadtentwicklung mit hybriden Freiräumen als Resultat leisten.

Die Uferparkanlage Waller Sand in Bremen zeigt, wie die komplexen, technischen Erfordernisse eines Landesschutzdeichs mit hoher baukultureller Qualität verbunden werden können. Anstelle der bisher rein funktionalen Steinschüttung wurde dieser Abschnitt der Überseestadt Bremen zu einem Ort der Begegnung entwickelt, der mit einem gestalterisch weichen Übergang das Wasser erlebbar macht und die beeindruckende, umgebende Silhouette der Industriegeschichte inszeniert. Durch Landgewinnung entstand auf dem heutigen Wendebecken ein neuer Park, der die Stadt mit dem Wasser verbindet.

Um die geforderte Höhe der Deichanlage zu erreichen und die Stadt vor Überflutung zu sichern, wird in der Parkanlage eine Spundwand errichtet. Der obere und sichtbare Teil wird durch eine, das Projektgebiet umspannende, Kombi-Sitzbank umgesetzt. Diese Bank erfüllt mehrere Funktionen: Sie ist sowohl ein konstruktiver Teil des Hochwasserschutzes als auch ein maßgeblicher gestalterischer Teil des Freiraums. Als städtische Kante bildet sie ein wichtiges visuelles städtebauliches Element und eine großzügige Aufenthaltsmöglichkeit. Auf der Stadtseite zieht sich die von beiden Seiten bespielbare Bank als Rückgrat des Parks entlang dem angrenzenden Boulevard. Der Boulevard wird als eine niveaugleiche verkehrsberuhigte Zone gestaltet, die auf der dem Wasser zugewandten Seite zum Flanieren einlädt.

Zwischen Stadtkante und Wasserkante spannt sich als nutzungsoffene Sandfläche der Strandpark auf, der mit leicht geschwungener Topografie mit Kiefern und Dünengräsern einer Dünenlandschaft nachempfunden ist. Wasserseitig ist die Sandfläche durch einen barrierefreien Uferweg abgeschlossen, der die Weser und die Weite des Wendebeckens auch für mobilitätseingeschränkte Menschen unmittelbar erfahrbar macht. Eine Holzlattenwegestruktur bildet barrierefreie Wege im Sand.

Der Strandpark übernimmt eine wichtige Vermittlungsfunktion zwischen den historischen Industrie- und Hafenanlagen des urbanen Quartiers Überseestadt; auch kompensiert er das Freiflächendefizit der angrenzenden Stadtteile. Als Kontrast zum dicht bebauten neuen Stadtteil bildet Waller Sand eine fast sphärische, landschaftliche Kulisse und ermöglicht den Zugang zum Wasser. Als bewegliche Landschaft mit vielen veränderlichen, natürlichen Elementen wie Sand und Pflanzen repräsentiert Waller Sand einen Ansatz, in dem der Raum auf den Menschen und seine Nutzungen reagiert und er hat durch die Reduktion auf natürliche Elementen den Mut zur Einfachheit.

Die Parkanlage zeigt hervorragend auf, wie Hochwasserschutz-Infrastrukturen den technischen Anforderungen Genüge tun und dabei als multifunktional nutzbare städtebauliche Elemente entwickelt werden können, die den besonderen historischen Kontexten Rechnung tragen und dem gegenwärtigen öffentlichen Leben angepasst sind.
Skulptur aus Bongossi-Holz-Bohlen

Skulptur aus Bongossi-Holz-Bohlen

Südmole mit Molenturm

Südmole mit Molenturm

Sitzgelegenheit mit Blick auf den Molenturm

Sitzgelegenheit mit Blick auf den Molenturm

Holzbohlenweg

Holzbohlenweg

Gesamtlageplan

Gesamtlageplan

Sitzbank und Wasserspiel

Sitzbank und Wasserspiel

Sitzbank

Sitzbank

Steinschüttung im Tidebereich

Steinschüttung im Tidebereich

natürliche Dünengräser

natürliche Dünengräser

Strandmöbel

Strandmöbel

Wasserspielplatz

Wasserspielplatz

Beachvolleyballfeld

Beachvolleyballfeld

freies Spiel im Sand

freies Spiel im Sand